Ver­eins­ge­schich­te aus­führ­lich

Ver­eins­ge­schich­te

Grün­dungs­jah­re

Die ers­te frei­wil­li­ge Feu­er­wehr im Bezirks­amt Mal­lers­dorf, zu dem Schier­ling damals gehör­te, wur­de 1865 in Gei­sel­hö­ring gegrün­det. Es dau­er­te vier Jah­re, bis sich im Bezirk zwei wei­te­re Weh­ren bil­de­ten. 1869 wur­de in Ergolds­bach und weni­ge Wochen spä­ter in Schier­ling frei­wil­li­ge Feu­er­weh­ren gegrün­det. Die Ver­eins­grün­dung in Schier­ling geschah höchst­wahr­schein­lich auf Initia­ti­ve des dama­li­gen Gemein­de­vor­ste­hers Mathi­as Wall­ner, wenn man dem Bericht des Mal­lers­dor­fer Anzei­gers anläss­lich der 60-Jahr-Fei­er 1929 Glau­ben schenkt. 

Jeden­falls ver­sam­mel­ten sich am 6. Juli 1869 im Saa­le der Braue­rei Peter Neu­may­er (spä­ter Fami­li­en Neu­mey­er, dann Hölzl und Huber, heu­te Anwe­sen Ogrod­nik) 30 Män­ner, um eine frei­wil­li­ge Feu­er­wehr zu grün­den. Die­ser neue Ver­ein führ­te in der Fol­ge­zeit den Namen “Frei­wil­li­ge Turn­feu­er­wehr Schier­ling”. Zum ers­ten Vor­stand wur­de der Kup­fer­schmied Mül­ler gewählt, zum ers­ten Kom­man­dan­ten der Schmie­de­meis­ter Josef Mun­digl. Bereits am 11. Sep­tem­ber 1869 gab sich der neue Ver­ein eine Sat­zung. Sie trug den Titel: “Sat­zun­gen und Diens­tes­ord­nun­gen der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr der Dorf­ge­mein­de Schier­ling”. Sie bringt im ers­ten Teil die Sta­tu­ten, im zwei­ten die Dienst­ord­nung.


In § 1 ist der Zweck des Ver­eins fest­ge­legt, näm­lich “geord­ne­te Hil­fe bei einer Feu­ers­ge­fahr”. Sie unter­schei­det bereits zwi­schen ordent­li­chen und außer­or­dent­li­chen Mit­glie­dern. Letz­te­re muss­ten dem Ver­ein nur einen monat­li­chen Bei­trag ent­rich­ten, ent­spra­chen also den heu­ti­gen för­dern­den Mit­glie­dern. Die ordent­li­chen Mit­glie­der teil­te sie in Stei­ger, Sprit­zen­män­ner und Ret­ter ein. Um ordent­li­ches Mit­glied wer­den zu kön­nen, waren nach die­ser Sat­zung drei Vor­aus­set­zun­gen nötig: “1. unbe­schol­te­ner Ruf, 2. zurück­ge­leg­tes 17. Lebens­jahr und 3. kör­per­li­che Befä­hi­gung”. Gefor­dert wur­de auch die Unter­wer­fung unter eine mili­tä­ri­sche Orga­ni­sa­ti­on, die schon Carl Metz als die wich­tigs­te Vor­aus­set­zung für eine er-folg­rei­che Brand­be­kämp­fung ange­se­hen hat­te. In § 14 bestimmt sie die Mit­glieds­bei­trä­ge. Jedes ordent­li­che Mit­glied hat­te monat­lich 6 Kreu­zer in die Ver­eins­kas­se und den­sel­ben Betrag “zur Bestrei­tung der Gerät­schaf­ten” zu bezah­len. Die Lei­tung des Ver­eins bestand aus einem acht­köp­fi­gen “Ver­wal­tungs­rat”. Ihm gehör­ten an: der Vor­stand, der Haupt­mann, der Adju­tant, der Quar­tier­meis­ter, der Kas­sier, der Requi­si­ten­meis­ter, ein Zug­füh­rer und ein Rot­ten­füh­rer. Die­ser Ver­wal­tungs­rat hat­te alle Ver­eins­an­ge­le­gen­hei­ten zu lei­ten, ins­be­son­de­re aber den Voll­zug der Sta­tu­ten zu über­wa­chen. Die Dienst­ord­nung bestimm­te dann sehr detail­liert die Auf­ga­ben der ver­schie­de­nen an der Löschung des Bran­des betei­lig­ten Grup­pen. Nach den Sta­tu­ten hat­ten sich die Feu­er­wehr­män­ner einer “ein­fa­chen Uni­for­mie­rung” zu unter­zie­hen. Ihre Uni­form soll­te bestehen in “Rock und Bein­kleid von weiß­grau­em Segel­tuch und in Mes­sing- oder Leder­helm mit Mes­sing­be­schlä­ge und in Schirm­müt­ze. Sie konn­te jedoch “bei gering Bemit­tel­ten bloß in Müt­ze und Rock und bei der Sprit­zen­mann­schaft in Müt­ze mit wei­ßem oder rotem Arm­band bestehen”.

(Die­ses Bild ent­stand ca. 1870, Es wur­de auf­wän­dig restau­riert. Wie man erken­nen kann wur­de die Mann­schaft auf zwei mal Foto­gra­fiert und dann zusam­men­ge­setzt)


Die Gemein­de über­gab der neu­en Wehr ihre Lösch­ge­rä­te, dar­un­ter auch die in Regens­burg repa­rier­te Druck­sprit­ze. Im Hofe der fürst­li­chen Braue­rei begann man sofort mit den ers­ten Übun­gen an den Gerä­ten. Ihren ers­ten Groß­ein­satz hat­te die Wehr dann am 8. Juli 1877 beim Groß­brand im Niko-lai­vier­tel. Mit ihrer schlech­ten Aus­rüs­tung konn­te sie aber die Aus­wei­tung des Bran­des nicht ver­hin­dern. Nach dem deutsch-fran­zö­si­schen Krieg von 1870/71 wur­de der Schier­lin­ger Bau­meis­ter Nock zwei­ter Kom­man­dant. In die­ser Funk­ti­on hielt er in der Fol­ge­zeit für die neu ein­ge­tre­te­nen Mit­glie­der und für die, die nicht beim Mili­tär gedient hat­ten, die Übun­gen in sei­nem Gar­ten ab. Die­se waren auch mit Turn­un­ter­richt ver­bun­den. Zwi­schen der von “Turn­va­ter” Fried­rich Lud­wig Jahn 1811 ins Leben geru­fe­nen Turn­be­we­gung und den Frei­wil­li­gen Feu­er­weh­ren bestand eine enge Ver­bin­dung. Die meis­ten Feu­er­weh­ren hat­ten sich ent­we­der aus schon bestehen­den Turn­ver­ei­nen her­aus ent­wi­ckelt, oder die Mit­glie­der von Turn­ver­ei­nen stell­ten sich den Feu­er­weh­ren wil­lig zur Ver­fü­gung. Des­halb tru­gen die meis­ten Weh­ren am Anfang auch die Bezeich­nung “Turn­feu­er­wehr”. Auch die Schier­lin­ger Wehr nann­te sich so. Es lässt sich heu­te nicht mehr sicher fest­stel­len, ob die Initia­ti­ve zur Grün­dung der Feu­er­wehr von Mit­glie­dern des Turn­ver­eins, den es seit 1862 in Schier­ling gab, aus­ging oder ob man den Namen nur annahm, weil ihn ande­re Weh­ren auch führ­ten. Zwei wich­ti­ge Grün­de spre­chen für die ers­te Ver­si­on. So bestand die Sat­zung vom 11. Sep­tem­ber 1869 aus zwei Tei­len mit den Titeln: “l. Sta­tu­ten des frei­wil­li­gen Turn­ver­ei­nes in der Dorf-Gemein­de Schier­ling” und “II. Sat­zun­gen und Dienst­ord­nung der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr der Dorf­ge­mein­de Schier­ling”. 

Turn­ver­ein und Feu­er­wehr­ver­ein wur­den also als zusam­men­ge­hö­rig emp­fun­den. Es muss also eine sehr enge Bezie­hung zwi­schen den bei­den Ver­ei­nen bestan­den haben. Zum zwei­ten schloss die Ein­la­dung zur ers­ten Fah­nen­wei­he im Jah­re 1870 mit dem von Turn­va­ter Jahn gepräg­ten Turn­er­gruß “Gut Heil!” Die Her­kunft aus der Turn­be­we­gung war in der Feu­er­wehr lan­ge leben­dig. Noch in den zwan­zi­ger Jah­ren die­ses Jahr­hun­derts ent­bot der Bezirks­ver­tre­ter der Feu­er­weh­ren im Bezirks­amt Mal­lers­dorf den bei der Inspek­ti­on am 25. Sep­tem­ber 1927 geehr­ten Mit­glie­dern der Schier­lin­ger Feu­er­wehr sein “Gut Heil”, und eben­so brach­te der Regens­bur­ger Ver­tre­ter der Fir­ma Magi­rus, Lott­holz, auf der außer­or­dent­li­chen Gene­ral­ver­samm­lung am 27. Janu­ar 1927 ein “Gut Heil” auf den “rüh­ri­gen Ver­wal­tungs­rat der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr Schier­ling” aus. 

Die Turn­be­we­gung hat­te sich um die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts zu einer Volks­be­we­gung ent­wi­ckelt, beson­ders nach dem ers­ten deut­schen Turn­fest in Coburg vom 16. bis 19. Juni 1860. Ziel die­ser Turn­ver­ei­ne war neben der kör­per­li­chen Ertüch­ti­gung auch eine geis­ti­ge Erneue­rung nach dem aus der Anti­ke über­nom­me­nen Glau­ben, dass in einem gesun­den Kör­per auch ein gesun­der Geist woh­ne. Auch die Bereit­schaft, sich für die Gemein­schaft ein­zu­set­zen, war ein wei­te­res Ziel der Turn­be­we­gung. Und gera­de in die­sem Punk­te berühr­ten sich Turn- und Feu­er­wehr­be­we­gung am deut­lichs­ten. Der auf frei­wil­li­ger Basis wir­ken­de Feu­er­wehr­mann bedurf­te eines gro­ßen Idea­lis­mus, um sich, ohne einen Vor­teil davon zu haben, selbst­los für Men­schen ein­zu­set­zen, die in Not gera­ten waren. Auch die ein­heit­li­che Klei­dung der Mit­glie­der bei bei­den Ver­ei­nen ist nicht zufäl­lig. Sie soll den Gemein­schafts­ge­dan­ken zum Aus­druck brin­gen. Turn­ver­eins­mit­glie­der waren in der Fol­ge­zeit bei den Feu­er­weh­ren gern gese­hen, weil sie durch die Kraft und Gewandt­heit, die sie sich auf den Turn­plät­zen erwor­ben hat­ten, gute Stei­ger abga­ben. 

Bereits ein Jahr nach ihrer Grün­dung, am 8. Mai 1870, konn­te der neue Ver­ein sei­ne ers­te Fah­nen­wei­he abhal­ten. Die Fah­ne hat­te der Ver­eins­wirt, der Braue­rei- und Hof­be­sit­zer Max Neu­may­er, gestif­tet. Ange­fer­tigt wur­de sie von den Armen Schul­schwes­tern, die seit 1865 in Schier­ling wirk­ten, “vor züg­lich gear­bei­tet”, wie J. Mun­digl ver­merkt. Paten­ver­ein war der Nach­bar­ver­ein Lang­quaid, der ein Jahr frü­her als der Schier­lin­ger gegrün­det wor­den war. 17 Feu­er­weh­ren aus nah und fern in einer Stär­ke von etwa 400 Mann waren der Ein­la­dung der Schier­lin­ger Wehr gefolgt, unter ihnen die fast zur glei­chen Zeit gegrün­de­te Ergolds­ba­cher Wehr und die Lands­hu­ter in einer Stär­ke von 18 Mann. 

Der “Kurier von Nie­der­bay­ern” berich­tet in sei­ner Aus­ga­be vom 9. Mai 1870 eines Lands­hu­ter Teil­neh­mers an dem Fest über des­sen Ver­lauf: 

 —-  “Um 10 Uhr begann dor­ten … der fei­er­li­che Act mit Über­ga­be der von den Frau­en und Jung­frau­en Schier­lings gewid­me­ten Fah­ne, wel­cher Hand­lung sich eine Feld­mes­se und die kirch­li­che Wei­he der Fah­ne anschloss. … Nach­mit­tags 1 Uhr war Aus­zug auf den Som­mer­kel­ler des Hrn. Fürs­ten v. Thurn und Taxis und ertön­te im Hin­bli­cke auf den aus­ge­zeich­ne­ten Stoff und die gute Unter­hal­tung das Abschieds­zei­chen all­zu früh. Wohl oder übel muss­te man sich beque­men, dem freund­li­chen Ort Valet zu sagen, denn man woll­te ja auch noch dem berühm­ten Bie­re des Hrn. Sch­l­ein­ko­fer, Bier­brau­er und Kom­man­dant der Feu­er­wehr von Ergolds­bach auf des­sen Kel­ler die mög­lichs­te Ehre antun, wel­ches Vor­ha­ben wir auch gewis­sen­haft aus­führ­ten. Hier­auf ging es, wie­der­um für Alle zu früh, nach Hau­se.”  —-  

Schon bei der Hin­fahrt war die Lands­hu­ter Abord­nung in Ergolds­bach mit Musik emp­fan­gen wor­den. Bei­de Weh­ren leg­ten den Weg nach Schier­ling gemein­sam zurück. Der Bericht schloss mit den Wor­ten: “Schließ­lich rufen wir noch ein­mal und zwar aus vol­lem Her­zen der jun­gen Feu­er­wehr zu Schier­ling und ihrem Kom­man­dan­ten Nock, ein drei­fach don­nernd ‘Gut Heil’ zu.” Die Wei­he der Fah­ne wird wohl der dama­li­ge Pfar­rer Dr. Jakob Brand vor­ge­nom­men haben. 

Nicht allen Schier­lin­gern schien es gepasst zu haben, dass sich in Schier­ling eine Frei­wil­li­ge Feu­er­wehr gebil­det hat­te. Die­ser Teil der Bevöl­ke­rung ver­such­te auf die neu­en Mit­glie­der Ein­fluss zu neh­men mit dem Ziel, sie abspens­tig zu machen. Der “Kurier von Nie­der­bay­ern” berich­te­te: “Unter den wäh­rend der Über­ga­be und nach der Wei­he des Ban­ners abge­hal­te­nen Reden und Toas­ten wol­len wir beson­ders auf die des Hrn. Bezirks­amt­man­nes Schön­chen von Mal­lers­dorf und des Hrn. Bier­brau­ers Müns­terer von Lang­quaid, welch letz­te­rer die Schier­lin­ger Feu­er­wehr dar­auf hin­wies, dass es ihre hei­ligs­te Pflicht sei, in dem ein­mal begon­ne­nen Wer­ke fort­zu­fah­ren und sich nicht durch die sogar von Sei­te eini­ger Schier­lin­ger Bür­ger gemach­ten Hin­der­nis­se und Ein­flüs­te­run­gen abhal­ten zu las­sen, nach wie vor eif­ri­ge Feu­er­wehr­män­ner zu sein, getreu dem auf ihrer neu­en Fah­ne ange­brach­ten Wahl­spruch: ‘Gott zur Ehr, dem Nächs­ten zur Wehr’, auf­merk­sam machen. 

Die­se Auf­mun­te­rung des Lang­quai­der Kom­man­dan­ten scheint auf kei­nen frucht­ba­ren Boden gefal­len zu sein. Denn in den fol­gen­den Jah­ren kam es auch zu Strei­tig­kei­ten unter den Mit­glie­dern, so dass einer nach dem ande­ren aus der frei­wil­li­gen Feu­er­wehr aus­trat und in die Pflicht­feu­er­wehr zurück­kehr­ten. Aus einem kur­zen Bericht des “Laber-Boten” vom 2. Juni 1876 lässt sich die­ser Vor­gang erschlie­ßen. Er berich­te­te, dass “vor Kur­zem” die Mit­glie­der­zahl der Feu­er­wehr “infol­ge von Dif­fe­ren­zen unter den Mit­glie­dern ms auf 16 Mann her­ab­ge­schmol­zen war”, doch “sie hat sich seit neue­rer Zeit wie­der bedeu­tend ver­stärkt, so dass die­sel­be jetzt nahe­zu 100 Mann zählt”. Die­sen auf­fäl­li­gen Umschwung führ­te der Bericht­erstat­ter auf das ener­gi­sche Ein­grei­fen des Bezirks­amt­man­nes Schön­chen per­sön­lich und des Ver­tre­ters des Bezirks­ver­bands­aus­schus­ses der Frei­wil­li­gen Feu­er­weh­ren des Bezir­kes Mal­lers­dorf zurück. Ihnen sei es gelun­gen, “unter der gro­ßen Schaar der in die Rei­hen der Pflicht­feu­er­wehr­män­ner zurück­ge­tre­te­nen ehe­ma­li­gen Mit­glie­der der Frei­wil­li­gen Feu­er­wehr wie­der das rich­ti­ge Ver­ständ­nis für das Insti­tut, das seit­her schon so segens­reich gewirkt hat, zu erwe­cken.” Auf eine so gerin­ge Mit­glie­der­zahl ist die Schier­lin­ger Feu­er­wehr seit­her nicht mehr her­ab­ge­schmol­zen. Die­se bei­den Stär­ke­an­ga­ben sind die ein­zi­gen, die bis 1897 greif­bar sind.